Liebe
Karin,
ausgezeichnet!
Exzellent! Du hast es mal wieder bemerkenswert auf den Punkt gebracht: Wir Menschen stehen immer wieder zwischen Pflicht und
Neigung. Und nicht nur das: Wir stehen immer mehr und immer öfter in der
Pflicht.
Unser Leben wird zunehmend differenzierter. Uns reicht es nicht mehr
zu wissen, was in unserer Gemeinde los ist, in unserem Bundesland und in der
gesamten Republik. Wir wollen heutzutage auch informiert sein, was in unseren
Nachbarländern vor sich geht, in Europa. In der Welt.
Mehr Pflicht als Neigung?
Es gab mal eine Zeit, in der wir täglich eine Zeitung
gelesen und die Tagesschau gesehen haben. Heutzutage lesen nicht nur
Hochbegabte – im Internet – die Newsletter von einem halben Dutzend Medien,
haben nebenher n-tv oder N24 eingeschaltet – manchmal auf einem weiteren
TV-Gerät auch noch BBC oder CNN. Und wir lassen uns die BREAKING NEWS per SMS
schicken.
Wir wollen Bescheid wissen. Und wir wissen Bescheid. Wir
kennen die News dieser Welt zumeist besser als unsere Grosseltern. Wir wissen, wer
wo gerade welche Politik macht, kennen stets die aktuellen Börsendaten und behalten
den Überblick, wer wo im Sport soeben gewonnen hat.
Geistig locker aufgearbeitet, verfolgen wir sodann mühelos
die einschlägigen Talkshows zu fast allen Themen dieser Welt. Manche von uns
auch noch gleich in drei bis fünf Sprachen und Kulturen. Wir sind Weltbürger
und wissen Bescheid. Bravo! Bravo?
Nicht selten haben wir darüber vergessen, was in uns selbst
vor sich geht. Wie es um uns steht. Um unseren Körper. Unsere Seele. Unser
Leben. Wie eine soeben veröffentlichte Studie zeigt, hat unsere Belastung in
den letzten zwei Jahren erkennbar zugenommen. Und so wundern wir uns nicht,
dass es heisst: „Fast die Hälfte
der Deutschen klagt einer Umfrage zufolge über wachsenden Stress am
Arbeitsplatz. Jeder Vierte verzichtet sogar auf Pausen.“ (1).
Mehr Pflicht als Neigung.
Wie gehen Hochbegabte damit um?
Auch die
Belastungen im Privatleben nehmen zu und differenzieren sich immer weiter. Um
unsere Kinder angemessen begleiten zu können, sind wir zunehmend zu
Bildungspolitikern geworden (ganz zu schweigen von ADHS-ADS-Gelehrten), für
unsere Grosseltern werden wir immer öfter zu Gesundheitsexperten und für unser
eigenes Leben? Wir managen unsere Love Story, unsere Karriere, unseren
täglichen Lebensablauf, unsere Hobbys, unseren Urlaub.
Aber auch das
Gegenteil ist der Fall. Wir fühlen uns mit all diesen Anforderungen überfordert,
verlieren den Durchblick und Überblick. Und werden schliesslich bewegungslos,
wenn wir vergessen haben, rechtzeitig die Handbremse zu ziehen.
Entschleunigung
ist zunehmend zum Modewort geworden. SPIEGEL
ONLINE spricht von „Entschleunigung: Der Trend zu weniger Tempo“ (2), ZEIT
ONLINE schreibt über die „Einladung zur Langsamkeit“ (3) und das ERSTE DEUTSCHE
FERNSEHEN (ARD) hat zum Thema in diesem Monat eine eigene Sendung aufgelegt:
„Planet Wissen: Entschleunigung für Anfänger!“ (4).
Pflicht und Neigung. Entschleunigung als
Verpflichtung? Und wie geht es weiter?
Warum können –
wollen – wir uns nicht mehr Freizeit, Auszeit, Sabbatical erlauben? Oder den
Eintritt in eine andere Zeitqualität, wie es uns Benedictus PP. XVI gerade
vorgemacht hat?
Ich erinnere
mich an einen ehemaligen Instituts-Kollegen – Psychologe – der uns immer wieder
motivierte, Frei-Stunden und freie Tage einzulegen. Um in die Stille zu gehen.
Um wieder zu uns selbst zu kommen. Um locker zu bleiben für die Anforderungen,
die noch vor uns stehen. Denn Herausforderungen können wir nicht nur am
Schreibtisch bestehen. Die deutsche Lyrikerin Else Pannek sagte einmal: „In die
Stille zu horchen, lässt Antworten finden.“
Ich habe das
erst noch lernen dürfen. Aber inzwischen habe ich auch die Erfahrung gemacht:
Wenn wir eine Lösung finden wollen. Wenn wir dauerberieselt sind. Wenn wir
gefangen sind im inneren und äusseren Lärm. Dann hilft ein Schritt in die
Freiheit. In die Stille (5).
Foto: Saskia-Marjanna Schulz
In der Stille
können wir auch leichter einen neuen Blick werfen auf Pflicht und Neigung. Wir
können uns anregen, weit über den Tellerrand hinaus zu blicken. Bis ins 18.
Jahrhundert. Nebenbei einem Staatsminister des Herzogtums Sachsen-Weimar ein
wenig über die Schultern schauen. Wir sehen: Der Minister liebt es, sich in
seiner Freizeit der Dichtkunst hinzugeben. Und so werden wir Augenzeuge, wie er
gerade seine Heldin formt: Iphigenie (6).
Kein wirklich
neuer Stoff, der ihm da eingefallen ist. Daran haben sich schon andere Denker
versucht – Euripides zum Beispiel. Doch was unser Staatsdiener hier in dieses
leicht verstaubte Drama einwebt - ist wirklich neu: das klassische Humanitätsideal. Und so lässt der
„Feierabend-Dichter“ Iphigenie über sich hinauswachsen. Nach überstandenem
Leid, inneren Kämpfen und Katharsis wächst die einst Todgeweihte zu ihrer
wahren Grösse: Iphigenie rettet das
Leben ihrer Lieben wie ihr eigenes Leben.
Und mit Menschlichkeit,
Anstand und Würde macht sie (!) sich (!) selbst (!) den Weg frei. Kein Deus ex
machina („Gott aus der/einer Maschine“) muss gerufen werden. Mit der Macht
ihrer Einstellung und Haltung hat sie die Kraft die Situation angemessen zum
Guten zu wenden. Es gelingt ihr, Pflicht und Neigung in Harmonie zu bringen. Und
dem Minister – Goethe – Du weisst es längst – gelingt hier ein Meisterwerk.
Dass es in der
realen Welt nicht immer möglich scheint, das Leben noch zum Guten zu wenden,
erfahren nicht nur wir beide als Coach Tag für Tag. Und auch: Dass eine Wendung
zum Besseren öfter möglich ist als zunächst gedacht.
Für Deinen
„Trick“ – wie Du es nennst – bin ich Dir sehr dankbar – ebenso wie für diese
Zeilen: „Bei meinen Coachees wird deshalb gelegentlich ein Trick wirksam:
Sie finden sich „meistens“ gut! Du kennst das sicher. Hier soll durch ein ÜBERWIEGEND
positiv klingendes Selbstbild gleich auch der Selbstzweifel minimiert werden.
Damit wollen sie den Eindruck einer soliden Selbstsicherheit,
der prinzipiellen Selbstannahme und des stabilen Selbstvertrauens erwecken.“
Wie
hilfreich das ist, sich selbst gut zu finden, zeigt auch eine Studie über die
„Bild der Wissenschaft“ am 15.06.2012
berichtet: „Studie belegt: Wer sich in positiven Lebenseinstellungen übt, steigert
seine Lebensqualität“ (7) Und weiter: „Wer demnach positive Lebenseinstellungen
wie Neugier, Dankbarkeit, Optimismus, Humor und Enthusiasmus regelmäßig übt,
steigert sein geistiges Wohlbefinden, berichten die Psychologen um Willibald
Ruch von der Universität Zürich.“
Viele
Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass eine positive Haltung mit
psychischem Wohlergehen in Verbindung steht. Jedoch: „Dass
sie sich aber ursächlich auf die Lebenszufriedenheit auswirken und dass ihr
Training eine Steigerung des Wohlbefindens zur Folge hat, haben Willibald Ruch
und seine Kollegen nun erstmals wissenschaftlich nachgewiesen.“ (8)
Mit
anderen Worten: Wenn wir uns auf bestimmte Themen und deren Inhalte
konzentrieren, steigern wir unser Wohlbefinden! Neugier, Dankbarkeit und Humor
stehen dabei ganz oben auf der Hitliste. Wie gut, dass wir unser Schicksal –
auch – selbst bestimmen können. Was können wir nicht alles erreichen, wenn wir
uns täglich ein wenig darin üben?
Wie
wäre es denn, wenn wir mit LACHEN beginnen würden? In Köln geboren ist mir der
Humor mit in die Wiege gelegt worden. Und das Lachen ist für mich so
selbstverständlich wie das Zähneputzen. Und ebenfalls sehr gesund:
- Lachen kann Stress abbauen.
- Lachen entspannt.
- Lachen soll Glückshormone freisetzen. (9)
Die
Süddeutsche.de schreibt: „Eine Dosis Lachen, bitte: Ärzte in den USA haben
herausgefunden, dass Lachen gegen Herz- und Gefäßkrankheiten helfen kann. Ein
lustiger Film am Tag genügt.“ (10)
Das
ist nicht wirklich neu. Schon Aristoteles (384 - 322 v. Chr.) wusste: „Lachen
ist eine körperliche Übung von großem Wert für die Gesundheit.“
Foto: Saskia-Marjanna Schulz (11)
Auf
denn! Gönnen wir uns täglich unser Quantum Frohsinn.
Mein
Schneemann und ich grüssen Dich mit einem lachenden Herzen.
Deine
Lilli
1 Umfrage: Deutsche klagen über
mehr Stress im Job http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/stress-report-deutsche-klagen-ueber-mehr-stress-im-job-a-880187.html
2 Entschleunigung: Der Trend zu
weniger Tempo http://www.spiegel.de/netzwelt/web/entschleunigung-der-trend-zu-weniger-tempo-a-123584.html
3 Einladung zur Langsamkeit
4 Planet Wissen: Entschleunigung
für Anfänger!
5 Hier können wir Anregungen
finden:
Die grosse Stille
Israel
"IZ" Kamakawiwoʻole:
Somewhere
over the Rainbow
JOSEPH VON
EICHENDORFF: Die Stille
6 Iphigenie auf Tauris von Johann Wolfgang von Goethe
Projekt Gutenberg
7 Polierte
Einstellungen lassen das Leben glänzen
8 a.a.O.
9 Vgl. dazu: Darum ist Lachen so
gesund
10 Lachen
als Therapie
11 Saskia-Marjanna
Schulz http://yesbusinesscoach.blogspot.de/