danke, dass Du nach unserer „Feiertagspause“ so pünktlich,
zuverlässig und herzlich wieder eine spannende Antwort für mich hast!
Ich muss gestehen, die Pause hat mir gut getan – Dir hoffentlich auch? Ich hatte über den Jahreswechsel so viele unterschiedliche Eindrücke und Anregungen, dass ich erst mal sortieren musste: Was ist gut und hilft weiter, was ist eine zu lösende Aufgabe, was stört, wer braucht was und worauf kann verzichtet werden? Immer, wenn ich darüber grübele, was ich in unseren Gedankenaustausch einbinde, wird für mich vieles klarer. Es gibt ja tatsächlich unendlich viele spannende Themen, Ereignisse und Herausforderungen – und das nicht nur zum Thema Hochbegabung. Manchmal denke ich sogar, dass dieses Sortieren und Entscheiden, womit ich mich gründlich beschäftigen möchte, eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt ist.
Will ich vor allem Spaß haben? Dann beschäftige ich mich mit vielen „unnützen“ Sachen. Will ich lieber anderen nützlich sein? Dann habe ich viel weniger Spaß (weil die nützlichen Sachen oft nur einen geringen Neuigkeitswert haben und viel Routinearbeit erzwingen), aber ich bekomme mehr Anerkennung. Und wenn ich darüber nachdenke, wobei ich Spaß und Nutzen verbinden könnte, dann fallen mir wieder ganz andere dringende Sachen ein, die auch spannend und wahrscheinlich sogar nützlich wären, aber z. B. an Zeitmangel scheitern. Denn ich weiß ja, meine Lebenszeit ist begrenzt und ich will sie sinnvoll nutzen.
Ich muss gestehen, die Pause hat mir gut getan – Dir hoffentlich auch? Ich hatte über den Jahreswechsel so viele unterschiedliche Eindrücke und Anregungen, dass ich erst mal sortieren musste: Was ist gut und hilft weiter, was ist eine zu lösende Aufgabe, was stört, wer braucht was und worauf kann verzichtet werden? Immer, wenn ich darüber grübele, was ich in unseren Gedankenaustausch einbinde, wird für mich vieles klarer. Es gibt ja tatsächlich unendlich viele spannende Themen, Ereignisse und Herausforderungen – und das nicht nur zum Thema Hochbegabung. Manchmal denke ich sogar, dass dieses Sortieren und Entscheiden, womit ich mich gründlich beschäftigen möchte, eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt ist.
Will ich vor allem Spaß haben? Dann beschäftige ich mich mit vielen „unnützen“ Sachen. Will ich lieber anderen nützlich sein? Dann habe ich viel weniger Spaß (weil die nützlichen Sachen oft nur einen geringen Neuigkeitswert haben und viel Routinearbeit erzwingen), aber ich bekomme mehr Anerkennung. Und wenn ich darüber nachdenke, wobei ich Spaß und Nutzen verbinden könnte, dann fallen mir wieder ganz andere dringende Sachen ein, die auch spannend und wahrscheinlich sogar nützlich wären, aber z. B. an Zeitmangel scheitern. Denn ich weiß ja, meine Lebenszeit ist begrenzt und ich will sie sinnvoll nutzen.
Und genau jetzt kommst Du mit Deiner Frage: „Warum ist das
nicht selbstverständlich, dass Menschen denken: Ich bin gut!?“
Nun, wahrscheinlich genau deshalb. Wir alle verbringen
unseren Alltag mit einem Wechsel zwischen Pflicht und Neigung (1), weil uns die
Harmonie von beidem so selten gelingt. Und immer wenn uns das klar wird, sind wir
frustriert oder wir haben ein schlechtes Gewissen. Wir haben entweder unsere
Pflicht erfüllt, ohne Spaß daran zu haben. Oder wir sind unserer Neigung
gefolgt, hatten Spaß und haben uns zu wenig um unsere Pflichten gekümmert. Und
darum, weil wir gerade wieder mal das „Falsche“ getan haben, sind wir eben
nicht gut! Wenn das anderen auffällt, dann lassen sie uns das auch wissen:
Eigentlich ist doch ständig irgendjemand von uns enttäuscht. Das wollten wir
zwar nicht, aber es ist nun mal so – letztendlich haben wir uns vielleicht
sogar selbst enttäuscht. Daher die Gelbe oder Rote Karte, die wir uns selbst
verpassen, wenn wir mal auf den Gedanken kommen „Du bist gut.“
Es stimmt eben nur manchmal.
Bei meinen Coachees wird deshalb gelegentlich ein Trick
wirksam: Sie finden sich „meistens“ gut! Du kennst das sicher. Hier soll durch
ein ÜBERWIEGEND positiv klingendes Selbstbild gleich auch der Selbstzweifel
minimiert werden. Damit wollen sie den Eindruck einer
soliden Selbstsicherheit, der prinzipiellen Selbstannahme und des stabilen Selbstvertrauens
erwecken.
Sogar der erfolgreiche Professor in Deiner Geschichte wurde
mit diesem Trick ermutigt: „Du bist ein KLEINER ‚Lieber Gott‘. Du schaffst
es!“
Natürlich nur ein „kleiner“ Gott! Natürlich nicht
allmächtig, wie der wahre Gott. Nur allmächtig für bestimmte Ziele, Aufgaben,
Erfolge im eigenen Leben! Und wer da versagt, der ist „auch nur ein Mensch!!!“
Oder die Umstände sind schuld! Denn an uns selbst liegt es ja nicht. Als
„kleiner“ Gott können wir eben doch nicht ALLES.
Mancher versucht mit diesem Euphemismus seinen
Perfektionismus zu überwinden.
Aber was ist nun mit: WOW! Wir sind alle Götter? Und mit
Johannes: „Was du bittest von Gott, das
wird dir Gott geben …“ (2)? Du meinst, man muss sich helfen lassen wollen. Und
dass das Schwerstarbeit sei für Hochbegabte.
Nun ja, wir beide wären ja schon längst verzweifelt, wenn
wir nicht immer wieder um Hilfe gebeten würden. Es gibt sie, die Menschen, die
bei uns Hilfe suchen. Nur ist es eben mit den Hochbegabten ziemlich anstrengend:
Sie erwarten von uns eine Hilfe, die sie woanders oft schon vergeblich gesucht
haben. Sie haben Bücher gelesen, mancher hat sogar extra Psychologie studiert,
andere haben Berater und Therapeuten „verschlissen“. Und das Ergebnis? Nichts
und Keiner hat geholfen! Ich werde häufig damit konfrontiert, dass jede meiner
Fragen beantwortet wird mit: Kenne ich schon, hat nicht funktioniert weil…,
bringt nichts wegen…, geht nicht denn…
Du kennst das auch, zunächst muss man erst mal das eigene Wissen vor dem
Coach ausbreiten. Ihn/Sie beeindrucken mit der eigenen Kompetenz und damit
zeigen, dass man eigentlich nur ein ganz kleines bisschen Hilfe braucht. Und
dass man sich diese Hilfe eigentlich auch selbst geben könnte, wenn … Und dass
man einen Coach auf keinen Fall für einen „Gott“ hält, auch nicht für einen
kleinen!
Liebe Lilli, wir beide wissen, dass auch wir uns dafür nicht
halten. Wir sind keine Götter, sondern wir sind stolz auf unser Menschsein. Mit
allen Unvollkommenheiten. Und warum sollten wir auch nicht stolz darauf sein?
Warum können so viele Menschen darauf einfach nicht stolz sein?
Weil es nichts Besonderes ist!
Weil es nichts Besonderes ist???
Jeder einzelne Mensch ist etwas Besonderes! Buchstäblich
jeder ist unverwechselbar einzigartig! Dafür muss man noch nicht mal hochbegabt
sein! Und selbst wenn man es ist, so ist man doch immer noch einer von Vielen! (3)
Soll man „große“ Taten vollbringen, ein Held sein? Muss man
aus der Hochbegabung „etwas machen“?
Oder muss man, um etwas Besonderes zu sein, besonders
schwerwiegende, kaum zu lösende Probleme haben? Muss man sich die
Aufmerksamkeit, Zuwendung und Anerkennung von Anderen erkämpfen, erarbeiten,
ertrotzen, verdienen durch den Nachweis von etwas Besonderem?
Ich glaube, macheiner lässt sich gerade durch den Mangel an
Akzeptanz, den er/sie durch andere erfährt, zu diesem Gedanken verleiten. Und
versucht dann mit allen Mitteln, das ganz Besondere zu sein – was die anderen
scheinbar oder wirklich nicht sehen. Von seltsamen Verhaltensauffälligkeiten
bis zu extremer Lebensweise gibt es unendlich viele Beispiele dafür, wie
Menschen versuchen, sich künstlich von anderen abzuheben. Dabei sind sie doch
von Natur aus anders als jeder andere!
Und wenn wir uns alle gegenseitig genauer, aufmerksamer und
respektvoller zur Kenntnis nehmen würden, dann wäre dieser ganze
Selbstdarstellungsaufwand gar nicht nötig. Dann müssten wir beide nicht
verletzte Seelen kurieren, die Rechte von Hochbegabten auf Förderung und
Anerkennung vertreten (denn die hätten sie automatisch genau so wie jeder
andere) und auch nicht in Ordnung bringen, was andere oder unsere Coachees
selbst beschädigt haben.
Dazu, liebe Lilli, sind wir frei! Wir dürfen und sollen (und
wir beide wollen) auch jeden Menschen so akzeptieren, wie er/sie ist. Auch wenn
unsere Sozialisation uns immer wieder als Tatsache weismachen will, was nur ein
theoretisches (un-)moralisches Konstrukt ist: „Alle Menschen sind gleich“!
Nein, das sind sie nicht! Aber sie sind gleich viel wert! Und kein Mensch
sollte den anderen bewerten, weil er sich damit über den anderen stellt. Was
wir bewerten und „nach unserem Bilde“ gestalten sollen und dürfen, ist unser
eigenes Leben – nicht das Leben der Anderen. Und ich stimme Dir zu: Wer frei
sein will, muss auch mutig sein. Bloß gut, dass wir mit dieser Meinung nicht
alleine sind. Und dass es so schöne Musik, Bilder und Geschichten gibt, um den
Menschen diesen Mut immer wieder zu stärken.(4)
Denn diese Freiheit ist von keinem politischen System, von
keinem Schulabschluss oder Kommissionsbeschluss abhängig: Den anderen ehrlich
zu achten und zu respektieren können wir beschließen, ohne eine Erlaubnis zu
haben.
Aber wie schnell sind wir dabei, Bedingungen und Forderungen
aufzustellen, die der/die andere gefälligst erst mal zu erfüllen hat – ehe er/sie
Anspruch auf unsere Achtung und unseren Respekt erheben kann! Und wie viele
Regeln muss er/sie einhalten, damit wir unsere Achtung oder unseren Respekt
nicht entziehen?
Mir ist zufällig genau an diesem Wochenende ein schöner
Schnappschuss dazu gelungen: Ich war
beruflich mal wieder in Leipzig. Dort ist mitten im Stadtzentrum an einem sehr
geschichtsträchtigen Ort gegenüber der Leipziger Oper, neben dem Gewandhaus und
dem mdr-Rundfunkhochaus (ein ehemaliges Universitätsgebäude, früher mal der
„Weisheitszahn“ genannt) auch der Mendebrunnen(5) (auch so eine
Verleumdungslegende) und davor ein sichtbares Zeichen heutigen Kleingeistes
anzutreffen, siehe unten rechts. (6)
Und gleich daneben, spaßiger weise durch eine grüne Ampel
zum Betreten freigegeben, als Mahnung und Einladung zugleich eine
Wiedererneuerung der unter Walter Ulbricht abgerissenen Paulinerkirche (7). So zeigt Leipzig auch in seinen Bauten, wie nahe
Freiheit und Begrenzung zusammen liegen, wenn Menschen die Menschen regieren.
Und wie die Geschichte von Menschen gemacht ist …
Deshalb lass uns immer wieder darauf verweisen, dass auch
Hochbegabte in erster Linie „normale“ besondere Menschen sind. Und lass unsere
Coachees verstehen, dass die Besonderheit der Hochbegabung ihnen genau so viel
Akzeptanz und Respekt einbringt, wie sie anderen Menschen für deren
Besonderheiten entgegenbringen. Denn nur so können wir aus dem ewigen Kreislauf
der gegenseitigen Unfreiheit herausfinden. Und nur so kommen wir zu wirklicher
Zuwendung und Anerkennung.
Liebe Lilli, der Winter macht gerade mal eine kleine Pause
und es gibt auch in Berlin ein paar Sonnenstrahlen. Das macht Hoffnung auf
baldigen Frühling und
sofort denke ich an „unseren“ Goethe „Vom Eise befreit …“
Mögen auch Herzen und Gedanken immer freier werden.
oto
Ich grüße Dich von Herzen
Alles Gute, sei umarmt
Deine Karin
1 Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Immanuel
Kant, Werke in sechs Bänden, hrsg. v. W.
Weischedel, Bd.
IV, Darmstadt 1983, S. 18 f
3 In Deutschland entsprechen die 2% der Bevölkerung,
die einen IQ von 130 und mehr haben, etwa 1,6 Mio.
Menschen – und das ist nur die willkürlich festgesetzte Definition von
Hochbegabungsnachweis
im Intelligenztest.
4 Nena: Du bist gut http://www.nena.de/news/2316
Marius Müller
Westernhagen: Freiheit http://www.youtube.com/watch?v=queDnG9ZeNk
Unheilig: Freiheit http://www.youtube.com/watch?v=z4jk6k8dCy0
5 http://de.wikipedia.org/wiki/Brunnen_in_Leipzig#Mendebrunnen
6 S. Foto 1 Zwischen Kultur, Religion, Wissenschaft und
Geschichte ist Radfahren verboten!
7 S. Foto 2 In Memoriam Paulinerkirche