Fotos: Dr. Karin Rasmussen, Saskia-Marjanna Schulz, Alexandra Gräfin Dohna

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Sonntag, 25. November 2012

Neu: Ein frecher Song für Hochbegabte


Liebe Karin,

ich bin sehr berührt, durch Dich an den Film „Der Rat der Götter“ erinnert zu werden. Irgendwann in meiner Jugend habe ich tief betroffen davon gehört. Ein Gedanke von Hannah Arendt geht mir durch den Kopf: „Wir sind auch für unseren Gehorsam verantwortlich.“ Wiedergefunden! Danke sehr!

Du hast ja mal wieder spannendes mitgebracht zu unserem Gedankenaustausch. Da fange ich gleich mal an mit den ‚Zielen‘. Du fragst: „Welchen Zielen darf man folgen?“ Und Du fragst nach den Folgen des Handelns.  Auch mir sind diese Gedanken vertraut.

Hier in meinen Räumen gibt es den Kunstdruck von Raffael:  „Die Schule von Athen“. Der Mittelpunkt: Aristoteles – mit seiner Ethik. Neben ihm Platon - mit seinem Timaios: Ethische Organisation und ideelles Prinzip.  Davor bleibe ich hin und wieder stehen, wenn ich denke.

Als Antwort auf Deine Frage nach den ‚Folgen des Handelns‘ musste ich heute an Immanuel Kant denken. Und an seinen ‚Kategorischen Imperativ‘ (1) aus dem Jahre 1788: »Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.« Schön und gut, denke ich. Aber: Was heisst das genau?  Und was hat der Imperativ uns heute noch zu sagen?

Diese Frage stellt sich auch die Philosophie-Studentin Sophie. Sie arbeitet gerade an einem Referat über den kategorischen Imperativ. Und während sie noch liest und denkt – erscheint der Philosoph Kant persönlich (!) und beantwortet ihre Fragen zur Moralphilosophie und Ethik. Soweit die Theorie. Aber was ist mit der Praxis?

Denn so einfach ist das mit dem Imperativ auch nicht für eine Philosophie-Schülerin. Ihr Problem? Sophie ist  verliebt. In einen verheirateten Mann. Die uralte Frage: Was tun, wenn wir zwischen Pflicht und Neigung stehen? Wie soll man handeln, wenn man dem Geiste Kants folgen will?

Diese kleine Story läuft aktuell auf BR alpha und ist jederzeit im Internet (2) abrufbar: Kant, Sophie und der kategorische Imperativ.

Vielleicht denkst Du: Wenn ich Sophies Geschichte gesehen habe -  weiss ich dann, wie ich mich entscheiden soll?

Sagen wir mal so: Die Fragen und Antworten erweitern den Horizont.  Das Handikap wird klarer. Und die gewonnene Sensibilität für das Problem kann neue Erkenntnisse hervorbringen. Denken können wir doch alle selbst.

Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Zeigt sie durch tiefer gehende Dialoge neue Perspektiven und so eine Liebe zu den Menschen und der Weisheit.

Gleichwohl mag ich Kants Worte nicht unkritisch stehen lassen. Wenn Du Dich zu diesem Thema hingezogen fühlst, so empfehle ich auch mal einen Blick auf z. B. die Gedanken von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (3) und Jürgen Habermas (4) zu werfen.

Auf Wiedersehen, Ihr Philosophen!

Willkommen, Herr Prof. Dr. Alltag! So sagte einer meiner Lehrer manchmal, wenn wir die Theorie verlassen haben und uns wieder dem Alltäglichen zuwenden wollten.

Ich meine jetzt die alltägliche Abwesenheit von Mut, wenn wir wieder einmal vor unserem persönlichen Glück stehen. Oder wie Du es so schön ausdrückst: „Auch ich wundere mich manchmal, warum nicht mehr Menschen den Mut finden, ihrem Herzen zu folgen und ihre Träume zu leben, nach ihrem Glück zu streben? Aber immer wenn ich darüber nachdenke, ertappe ich mich selbst. Auch ich neige dazu, mir manche Hindernisse unüberwindlich auszumalen, gewissermaßen als Rechtfertigung für mein Zögern (und meine Angst vor dem Versagen). Ich will nicht Kraft, Mut, Zeit und Geld in etwas investieren, was sich „nicht lohnt“. Dabei gibt es doch gar keine Garantie für Erfolg. Ich weiß doch genau, dass Erfolg nur eintreten kann, wenn ich es versuche. Aber …“


Ent-Spannung setzt Kräfte frei!

Kann es sein, dass es bei Deinen Gedanken nicht (nur) um Mut, sondern auch um Kraft geht? Nicht selten sind wir heutzutage so gefordert, dass wir auf Reserve fahren. Und kaum wagen wir, noch ein neues Projekt, ein neues Ziel, ins Augen zu fassen. Wissend, dass wir kaum die Kraft haben, es wirklich zu realisieren?

Ich möchte Dir dazu ein Erlebnis aus diesem Sommer erzählen: Während meiner Reise durch Deutschland landete ich auch in einem Kloster. Bücher über Bücher und die schönste Musik durfte ich bestaunen. Magisch angezogen fühlte ich mich von einer CD: „Tiefenentspannung! Von Nicolaus Klein.“ (5) Hurra! Ein weiteres Stück für meine Sammlung. Zu Hause probierte ich die Meditation gleich aus und war sehr angenehm überrascht. Ein neues Wohlgefühl begann sich einzustellen. Nach ein paar Tagen wollte ich nicht mehr auf diese Tiefenentspannung verzichten. Ich hatte das Gefühl: Hier gibt es nicht nur Entspannung. Diese CD ist auch eine Krafttankstelle. Heute gehört die Meditation zu meinen Top Ten.

Was zeichnet diese Tiefenentspannung besonders aus? Meine Coachees sprechen von der angenehmen Stimme des Autors. Und sie sagen, dass sie nach der Meditation eine grössere Leichtigkeit empfinden. Mehr Stabilität und Harmonie. Einer spricht von Befreiung, von abnehmender Angst. Insgesamt erleben die Menschen, dass die Tatkraft (!) gewachsen ist.

Jeder Mensch reagiert anders auf Tiefenentspannung. Und manche mögen sich gar nicht entspannen. Doch bei dieser Meditation habe ich bisher nur positive Rückmeldungen bekommen. Es könnte sein, dass sich die CD zu einem Geheimtipp entwickelt. Besonders jetzt im Advent, in der Zeit zunehmender Strapazen.  Jetzt, wo die Belastungen schon mal die Macht über uns übernehmen.

Wollen wir das zulassen?

Schlagen wir dem Stress doch einfach mal ein „Schnippchen“! Und das tun wir in erster Linie mit einer neuen Einstellung und Haltung zu uns und unserem Leben. Zum Beispiel mit der Haltung: „Es geht mir von Tag zu Tag immer besser und besser.“  Und/oder: „Ich habe Mut, mir geht es gut!“ Und/oder: „In mir sind Ruhe und Gelassenheit und der Friede Gottes durchströmt mich.“

Manchmal geht es auf dem Weg zur eigenen Grösse – zum eigenen Glück -  auch um Handicaps, die ziemlich blöd auf der Strecke liegen. Wie etwa: „Ich bin nicht gut genug – und deshalb habe ich nichts Gutes verdient.“ So kultivieren wir Schuld, Selbstzweifel, Selbstverleugnung.  Georg Bernard Shaw bringt es auf den Punkt: „Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das von sich eine schlechte Meinung hat.“

Wie können wir für unser Glück kämpfen, für unsere Grösse, wenn uns Liebe, Achtung und der Respekt für uns selbst fehlen? Gut, wir können lernen, uns zu lieben und zu achten.

Eine weitere Lösung?

Ich habe erlebt, dass Menschen, die sich für andere einsetzen, über sich selbst hinauswachsen. Ob für den Mann – die Frau – die Kinder, für Freunde oder für Menschen, für die sie Verantwortung übernommen haben.  Dieser Einsatz kann Kräfte freisetzen, die wir selbst nicht für möglich gehalten haben. Und mit dieser Liebe kann sich ein Engagement entwickeln, das uns selbst zu einer neuen Dynamik führt.

Geht es nur mir so oder zeichnet sich da ein Trend ab? Ich sehe zunehmend Menschen, die sich für andere Menschen einsetzen. Wenn sie interviewt werden, wirken sie stark, zufrieden und von ihrem Leben erfüllt. Indem ich gut zu den anderen bin – bin ich gut zu mir?

Die Grössen, die ich in meinem Leben interviewen durfte, wirkten überwiegend zufrieden mit sich und ihrem Leben. Und ausnahmslos setzten sie sich für andere Menschen ein. Das war für sie ganz einfach selbstverständlich. Auch so wuchsen sie über sich selbst hinaus. Edel-Mut macht mutig?

Ganz besondere Menschen, von denen ich vor kurzem hören durfte, sind die tibetischen Mönche aus Mustang: Abt Kunga Tenzin und Lama Tsering Tashi. Sie besuchen alle zwei Jahre Alters- und Pflegeeinrichtungen in der Schweiz und Süddeutschland. Mit Hingabe zaubern sie für die alten und kranken Menschen sowie für die Besucher ein Medizinbuddha Sandmandala. Der Erlös der Spenden, die sie erhalten, trägt zum Fortbestand der Klosterschule in Lo-Manthang bei (6). Meine Kollegin, Saskia-Marjanna Schulz (7), hat die Mönche begleitet und die schönen Fotos mitgebracht.






Fotos: Saskia-Marjanna Schulz

Liebe Karin, ich wünsche Dir eine fröhliche Adventszeit. Mögen Dir Kipferln, Printen und Makronen gut munden. Und ich wünsche Dir eine kraftvolle Zeit: für Deine Pläne, Ziele und einfach zum Vergnügen!

Und einfach so zum Vergnügen stelle ich Dir vor: meinen ersten Song für Hochbegabte:


130 ist die Zauberzahl                                   

1                                                     
Sie ist nicht wirklich schön,                       
Sagt die Mutter:                             
Die Füsse sind zu gross.                           
Und ihr Haar ist zu dünn.                         

Kein richtiges Mädchen,                  
Meint der Vater:                              
Nicht mal kochen kann sie.                       
So kriegt sie keinen Mann.                       

Die haben mich immer klein gemacht.                
Haben mich immer nur ausgelacht.           
Ha, ha, ha, ha, ha.                                    


2                                                    
Ich bin nicht wirklich schön,                     
Sagt die Mutter:                             
Meine Füsse – zu gross.                           
Und mein Haar ist zu dünn.                      

Kein richtiges Mädchen,                  
Meint der Vater:                              
Nicht mal kochen kann ich.                       
So krieg ich keinen Mann.                        

Ich hab‘ mich immer klein gemacht.          
Die haben mich immer ausgelacht.                                       
Ha, ha, ha, ha, ha.

                          
3                                                     
Bin nur der Bücherwurm,                          
So denke ich:                                           
Mathe, Physik, Chemie.                            
Hilbert  und die Curie.                              

Zahlen sind meine Welt,                  
Wird mir jetzt klar:                                   
Chi-Quadrat-Verteilung –                         
Damit lebe ich auf!                                   

Ich hab‘ mich immer klein gemacht.          
Die haben mich immer ausgelacht.                                                 
Ha, ha, ha, ha, ha.


4
Meine Welt ist anders,
aber OK:
Ich liebe die Zahlen.
Ja: Und sie lieben mich.

Zahlen können helfen,
das weiss ich ja:
Sie werden mich befrei’n.
Hab‘ Mut! Mach‘ jetzt den Test!

Ich hab‘ mich immer klein gemacht.
Damit wird jetzt aber Schluss gemacht!
Ha, ha, ha, ha, ha.


5
Du bist ja wirklich klug,
Ruft der Tester:
Du hast 130.
Intelligenzquotient!

Hochbegabt! Hochbegabt!
Ich wusste es!
Ich bin hochbegabt! Und
Nicht allein auf der Welt!

130 ist die Zauberzahl.
Ha! Mein Traum beginnt – ich hab‘ die Wahl!
Ha, ha, ha, ha, ha.


Alles Liebe,
Deine Lilli





3 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich:  Aufsätze aus dem Kritischen Journal der Philosophie. Bd. 2, S. 463.

4 Habermas, Jürgen: Moralbewusstsein und kommunikatives Handeln, S. 77.

5 Klein, Nicolaus: Meditative Tiefenentspannung (CD) http://www.nicolaus-klein.com/Publikationen.htm

6 Schulverein Lo-Manthang www.lo-manthang.ch

7 Saskia-Marjanna Schulz http://yesbusinesscoach.blogspot.de/

Sonntag, 11. November 2012

Der Rat der Götter oder: Goethe


Liebe Lilli,

hab ganz herzlichen Dank für Deine Antwort mit den vielen Anregungen und den wunderbaren Zitaten! Es ist einfach toll, immer wieder Beispiele berühmter Denker zu entdecken, in denen die kompliziertesten Zusammenhänge in klare und überzeugende Worte gefasst sind.

Deine Lösung: Du fragst Zeus (und sicher oft auch andere), wenn Du mehr Fragen als Antworten im Kopf hast. Mir fiel dazu spontan ein mehrfach preisgekrönter Film aus meiner Jugend  ein (1). In diesem Film wird – wahrscheinlich unbeabsichtigt – ein Problem vieler Hochbegabter analysiert. Welchen Zielen darf man folgen? Kann man andere für die Folgen des eigenen Handelns verantwortlich machen?  Es geht in diesem Film um die historische Schuld und die Rechtfertigung dieser Schuld aus „Befehlsnotstand“.

Was das mit Hochbegabten zu tun hat? Nun, wir wissen, dass Hochbegabte oft ein stark ausgeprägtes Gerechtigkeitsbewusstsein und ein tief verankertes Gewissen haben. Sie wollen keinem wissentlich schaden, sondern immer „anständig“ handeln. Da sie gleichzeitig aber wissen, dass sie nie alle Folgen ihres Handelns voraussehen können (und nicht sicher sind, nur anständigen Zielen zu folgen bzw. anständigen „Herren zu dienen“), wissen sie oft auch nicht, wie sie handeln können. Sie haben gewissermaßen Furcht vor sich selbst: Furcht, der Verantwortung nicht gerecht werden zu können, unwissentlich Schuld auf sich zu laden, für andere unverständliche und deshalb unbeherrschbare Risiken zu erzeugen. Du zitierst den US-amerikanische Philosophen Ralph Waldo Emerson: „Furcht besiegt mehr Menschen als irgendetwas anderes auf der Welt.“. In diesem Sinne besiegen Hochbegabte sich manchmal selbst, wenn sie glauben, dass es für sie keine Hilfe gibt.
Deshalb nehmen sie meist auch nicht wie Millionen anderer Menschen Woche für Woche am (scheinbar unanständigen) Glücksspiel teil – obwohl sie damit kaum jemandem schaden würden. Stattdessen versuchen sie lieber, vernünftige und anständige Lösungen für die Probleme der anderen zu finden. Du weißt schon, ich meine die „Klugscheißer und Besserwisser“ unter uns, denn denen erscheinen die Probleme der Anderen nun mal lösbarer als ihre eigenen.

Doch wie Du richtig schreibst: Würden Hochbegabte alles wissen und können, würden wir uns sicher nicht so lange über sie unterhalten. Und uns ihre Probleme, Nöte und Sorgen zu Herzen nehmen. Und stetig darauf hinweisen, dass auch ihnen geholfen werden kann. Denn sie haben nun mal Probleme, Nöte und Sorgen, meist mit sich selbst. Ein Thema, welches in diesem Zusammenhang immer wieder auftaucht, ist die von Dir so schön knapp formulierte Frage: Wenn ich meine Begabung erkannt habe – was mache ich dann? Weitermachen wie bisher? Wohl kaum! Veränderungen müssen her! Welche? Wie? Reformen? Oder Revolutionen?

Und das ist auch der Kern der Hilfe, die hier gebraucht wird: 1. Mut und 2. Fragetechniken. Also Gedanken sortieren, Fragen stellen und auswerten. Und aus den Antworten neue Fragen ableiten.  Fragen, die man Zeus, Goethe oder anderen Vorbildern im stillen Zwiegespräch stellen kann, aber auch direkt ganz „normalen“ Menschen oder per Internet dem geballten Wissen der Menschheit. Coaching ist allerdings anders als Beratung und Therapie: Unsere Hilfe besteht eben gerade nicht darin, dass wir unseren Coachees sagen, „was sie ändern sollen.“ Genau das wollen Hochbegabte ja selbst herausfinden. Und damit die Verantwortung für ihre Änderungen auch selbst behalten. Sie wollen und können im Coaching eigene Antworten auf ihre Fragen finden – oder herausfinden, welche Fragen zu stellen sind. Das Beispiel Deiner wiedergefundenen Malerin ist einfach wunderbar: Nachdem sie ihren stärksten Traum erkannt hatte, konnte sie sich konkretere Fragen stellen. Wie komme ich nach Amerika, um dort malen zu können. Was brauche ich an Kontakten, wer kann mir mit Informationen helfen, was kostet es, wo werde ich wohnen usw. - also alles beantwortbare Fragen. Fragen, die man mit etwas Hilfe von anderen lösen kann und deren Antworten den Entschluss zum Handeln erleichtern. Das heißt nicht: es leicht machen! Aber auch hier stimmt Dein wunderbares Zitat von Lucius Annaeus Seneca: „Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“

Auch ich wundere mich manchmal, warum nicht mehr Menschen den Mut finden, ihrem Herzen zu folgen und ihre Träume zu leben, nach ihrem Glück zu streben? Aber immer wenn ich darüber nachdenke, ertappe ich mich selbst. Auch ich neige dazu, mir manche Hindernisse unüberwindlich auszumalen, gewissermaßen als Rechtfertigung für mein Zögern (und meine Angst vor dem Versagen). Ich will nicht Kraft, Mut, Zeit und Geld in etwas investieren, was sich „nicht lohnt“. Dabei gibt es doch gar keine Garantie für Erfolg. Ich weiß doch genau, dass Erfolg nur eintreten kann, wenn ich es versuche. Aber …

Meine „Aber“ sind häufig gewisse Risiken des Glücks: Neid, Missgunst, eventuell sogar Mobbing. Noch häufiger aber ist es ein Gefühl der Ungerechtigkeit: Es gibt doch so viele, denen es viel schlechter geht als mir. Viel zu viele! Mir geht es doch eigentlich gut! Habe ich das Recht, nach noch mehr Glück zu streben, als ich schon habe? Kann ich nicht mit meinem „kleinen Glück“ (wie demagogisch!) zufrieden sein? Ich will doch, dass alle glücklich sind. Wenigstens will ich nicht am Unglück der Anderen Schuld sein. Und wer Grund hat, mich zu beneiden, ist der nicht unglücklich durch mich?

Aha, ertappt! So viel Macht habe ich gar nicht. Wer mich beneidet, tut dies nicht durch mich und wegen mir! Und eigentlich ist es auch gar kein schlechtes Gefühl, beneidet zu werden. Aber es ist lästig, mancher wird da schon sehr unangenehm. Doch heißt Glück, allen Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu gehen? Nein, sicher nicht. Im Gegenteil – in der Überwindung dieser Furcht und in der Anstrengung für das eigene Glück liegt nicht nur die Chance auf Erfolg. Es ist an sich schon ein Erfolg! Der Mut, sich selbst zu überwinden. Und auch zu akzeptieren, dass nicht jeder andere glücklich darüber ist. Vielleicht kann das ja sogar anderen helfen, ihrerseits die Furcht vor sich selbst zu überwinden.  „Furcht besiegt mehr Menschen als irgendetwas anderes auf der Welt.“ Ich danke Dir sehr für dieses Zitat – und denke dabei auch an so manche meiner Coachees, welche die Schuld an ihrem Un-Glück bisher bei anderen suchten.

Liebe Lilli, Du ziehst Bilanz über 24 Mails in einem Jahr und über unsere Themen Bescheidenheit, Fairness, Respekt, Forschung, Wunder, Selbstkritik, Selbstzweifel, Small Talk, Unwissenheit, Erfolg, Freiheit, Realitätssinn, Rettung und Träume. Ich freue mich sehr, dass aus dieser Mail-Sammlung ein Buch werden wird. Und dann jedes Jahr ein weiteres hinzu kommt. Auch ich hoffe, es erinnert viele Menschen daran, dass Träume wahr werden können. Natürlich wird durch unseren Gedankenaustausch und die daraus entstehenden Bücher allein niemand glücklich werden – wie hochbegabt die Leser auch immer sein mögen. Aber sie können ermutigt werden. Denn auch Hochbegabte brauchen Mut. Mut für „Fehler“, aus denen sie schnell und nachhaltig lernen werden. Mut für Fragen, denn sie können und müssen nicht alles wissen (vor allem nicht vorher). Mut zum Risiko, denn auch sie haben keine Garantie für Erfolg und es wird ihnen nichts geschenkt. Und wir können ihnen helfen, die richtigen Fragen zu finden und die Suche nach den Antworten zu erleichtern im Sinne von Aristoteles: „Wer Erfolg haben will, muss die richtigen, vorbereiteten Fragen stellen.“ Also Mut zur Selbsthilfe in einem Netzwerk kluger Menschen. Und das ganz besonders dann, wenn sie mal wieder glauben, es ginge nicht weiter!

„Wenn die anderen glauben, man ist am Ende, dann muss man erst richtig anfangen!“ Konrad Adenauer

Wir machen auch weiter! Unser Gedankenaustausch ist schon jetzt  für viele unserer LeserInnen Ermutigung und Anregung, in ihrem Leben etwas in Richtung Glück zu ändern. Mit unserem ersten Buch (und allen folgenden) können sie diese Ermutigung vertiefen und weitertragen. Denn auch andere Menschen brauche Hilfe, der Weg zum Glück ist nicht leicht. Mancher fühlt sich dafür nicht stark genug. Siehe Dein Goethe-Zitat „Vor andern fühl ich mich so klein, Ich werde stets verlegen sein.“

Und doch verdanken wir Goethe unter anderem den „Faust“ (Mein Lieblings- Goethe!) mit seinem uns so vertrauten Streben nach Wissen, seinen Gewissensnöten, dem Selbstzweifel und menschlichen Schwächen und der ewigen Frage „was die Welt im Innersten zusammen hält“. Lass sie uns weiter ermutigen. Ich bin ganz sicher, dass mancher Hochbegabte wie Goethe auch, trotz eigener Verlegenheit Großartiges vollbringt.

Was keiner wagt, das sollt ihr wagen
was keiner sagt, das sagt heraus
was keiner denkt, das wagt zu denken
was keiner anfängt, das führt aus. (aus: Der Zauberlehrling, Johann Wolfgang von Goethe)

In diesem Sinne grüße ich Dich ganz herzlich und wünsche Dir
eine karnevalsfreie Zone für Deinen Geist
Deine Karin