Fotos: Dr. Karin Rasmussen, Saskia-Marjanna Schulz, Alexandra Gräfin Dohna

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Sonntag, 2. März 2014

Wie die belohnt wurden, die an „Wunder“ glaubten

Liebe Karin,

Du hast wieder so eine wunderschöne Mail geschrieben. Dafür danke ich Dir. Du hast so treffend die Worte für Deine Freundin gefunden. Ich sah ihr Leben und Wirken vor meinem geistigen Auge. Ein Glück, dass es ihr jetzt gut geht.


Danke für Deine Erinnerung: „Glücklich kann keiner werden, der dafür nicht selbst die Verantwortung übernimmt.“


Ich hatte auch Glück. Gleichwohl nicht direkt als Glück erkennbar – und das kam so: Manchmal läuft das Leben anders als geplant. Da habe ich vor Wochen versucht, mir das Schlafen bis auf 1 bis 2 Stunden abzugewöhnen – erst ging es gut - und dann wurde ich  vom Leben ganz schön ausgebremst. Da halfen dann auch keine Meditationen, Pillen, Salben – keine Visualisierung und keine guten Worte. Erst streikte mein linker Arm – kaum genesen, wollte der rechte Arm nicht mehr. Und so wurde ich in einen unfreiwilligen Urlaub geschickt, aus dem ich mich nur langsam wieder hinausbewege. Du bist die erste, der ich antworte. Nun, ja. Antworten ist ein wenig übertrieben, denn noch immer kann ich nur wenige Minuten Arm und Hand bewegen. Und dann die Schmerzen bei Tag und Nacht. Aber immerhin kommt hier ein erstes Zeichen.

Wieso ich damit Glück hatte?

Ein Arzt, nennen wir ihn Frank,  hier aus der Nachbarschaft meinte ähnlich wie ich: ein paar Stunden Schlaf – das reicht schon. Schliesslich gibt es so viel, dass zu tun ist: Arbeit, Familie, Freunde, Fortbildung, Ehrenämter – Du weisst schon. Tja. Und dann ist er einfach so umgefallen. Wir hofften: nur in Ohnmacht oder dass es ein kleiner Schwächeanfall wäre. Aber es ist wirklich ernst mit ihm: Er liegt im Koma. Und sollte Frank je wieder wach werden, wird er für immer gepflegt werden müssen.

Ein Warnschuss.

Aber kommen wir zurück zu unseren Mails. Wir sind ja auf der Zielgeraden „Abschluss von Prometheus‘ Lobby‘“[1] und mein Gedanke war, die Themen, die mir besonders wichtig sind, anzusprechen. Über das Glück[2] sprach ich beim letzten Mal. Dieses Mal habe ich die Ziele im Blick. Denn Ziele sind ein ganz besonderer „Stoff“ in unserem Leben. Ohne Ziele können wir ganz schön hilflos sein – oder wie Abraham Lincoln sagt: „Wer im Leben kein Ziel hat, verläuft sich.“ William Shakespeare formulierte in seinem "Heinrich VIII" gleich eine Ziel-Empfehlung für das Leben: "Handle recht, nichts fürchte; Dein Ziel sei immer Ziel auch deines Landes, Wie deines Gottes und der Wahrheit."

Dabei ist das gar nicht so einfach: Was sind Ziele? Sind es Wünsche? Oder Träume? Visionen? Mit den Zielen haben manche Hochbegabte ihre liebe Not. Sie klagen dann, dass sie sich mit ihren Zielen unsicher fühlen: die Ziele, die sie setzen, sind oft zu klein, selten zu gross – und vor allem: Ziele machen sie unsicher. Du weisst schon, dass ist wie im Umgang mit den anderen Menschen: sich lieber klein machen, um nicht anzuecken oder ausgelacht und verspottet zu werden. Mein Vater war z.B. in den Augen der anderen Menschen der Mann, der immer die „karierten Maiglöckchen“ suchte – und auch oft fand. Wenn die anderen lachten – lachte er einfach mit. Nicht jeder Hochbegabte kann das lustig finden – und so gibt es oft „Ziel-chen“ anstatt Ziele.


Foto: Saskia-Marjanna Schulz


Machen wir es uns einfach.
Wie?
Einfacher ist es, wenn wir über Reiseziele sprechen.

Da haben wir Ahnung und Routine. Einfach im Reisebüro oder online die Reise buchen – das kann heute jeder. Da gibt es die schönen Bilder, die einfach Appetit machen. Dann müssen wir nur noch den richtigen Preis und die Zeit rausfinden – und dann erfahren wir, wann und wo es losgeht.

Und für unser Leben? Wo gibt es da das „Reisebüro“ mit den schönen Bildchen? Wo kann man da die Ziele buchen?

Leider habe ich oft erlebt, dass sich die Menschen mehr Gedanken über ihre Urlaubsziele als über ihre Lebensziele machen. Verständlich, denn wer hilft schon dabei, die Lebensziele zu finden. Jetzt wirst Du lachen: ein Coach natürlich! Was aber machen die Menschen, die (noch) nicht zu einem Coach gehen wollen?

Ich habe da etwas Feines entdeckt. Ein Kleinod für Feinschmecker: einen Vortrag von einem Trainer, der Orientierung, Motivation und Hilfestellung für die eigenen Ziele gibt: Marc A. Pletzer[3]: Hier gibt es ein paar Einblicke[4].

Wie finde ich mein Ziel? Oder besser gesagt: wie finde ich aus all meinen Wünschen und Träumen die wichtigsten Ziele? Gewiss, es gibt da einige Hochbegabte, die wussten schon im Kindergarten oder spätestens in der Grundschule, was für sie einmal ganz besonders wichtig sein würde – wie z.B. Wernher von Braun, der schon als kleines Kind wusste, dass er zum Mond wollte. Und wir anderen? Wie finden wir unsere Ziele?

Eines der Probleme ist, dass wir oft denken: das geht nicht. Oder: wie soll das gehen – habe ich doch Expertisen von Fachleuten, dass das, was ich will nicht möglich ist. Klar – was soll man da noch weiterdenken? Oder planen? Gleichwohl: wer am Ball bleibt, kann nicht selten, sein blaues Wunder erleben.

Ich möchte Dir dazu eine kleine Geschichte erzählen, die ich selbst erlebt hatte: Vor ein paar Jahren kam eine von den „verheissungsvollen“ Jung-Managerinnen eines grossen Konzerns zu mir. Nennen wir sie Kristin. Sie sagte von sich selbst, dass sie so ziemlich alles erreicht hat, was sie sich je gewünscht hat. Doch jetzt sei sie in einem Stau angekommen und wisse nicht, wie es weiter gehen könne. Irgendwie finde sie kein neues Ziel und auch keine Motivation nach einem Ziel zu suchen.

Irgendwie „wusste“ ich, dass hier etwas nicht stimmt. Aber was? Ich verliess mich auf meinen „detektivischer Spürsinn“, den ich von meinem Vater geerbt hatte – und hörte einfach weiter zu. Sie erzählte von den grossartigen Chancen und Möglichkeiten in ihrem Unternehmen und wie man Kristin von allen Seiten unterstützen würde. Selbst die „gläserne Decke“ sei in ihrem Umfeld für Frauen unbekannt.

Wo andere Frauen nun jubeln würden – hatte sie nur ein müdes Lächeln.

Und dann „wusste“ ich es: „Und was ist mit Ihrer Familienplanung?“, fragte ich sie. Stille. Und dann begann sie langsam an zu weinen.

Kristin erzählte mir, dass sie keine Kinder bekommen könne. Dies habe sie sich von zwei „ganz hervorragenden“ Ärzten bescheinigen lassen müssen.

Alles erreicht – und dann auch noch Kinder? Das wäre ja auch zu viel des Glücks, sagte sie sich. Das kann ja kein Mensch ertragen. Nö?

Natürlich wollte – und konnte – ich das Ergebnis der Ärzte nicht anzweifeln. Aber ich konnte ihr meine bzw. unsere Geschichte erzählen:

Denn auch ich kannte eine Frau, die keine Kinder bekommen konnte. Nach acht Jahren Ehe und vielen Ärzten immer noch kinderlos – meine liebe Schwägerin Alice hatte eine Odyssee von Leid und Enttäuschungen erlebt. Bis zu dem Tag, an dem ich mit ihr zur Mutter Meera[5] gefahren bin. Den Tipp hatte ich von einer politischen Journalistin, die wie ein wandelndes Lexikon fasst alles kennt und fast alles weiss.

Sie sprach von Mutter Meera beinahe wie von der Leiterin eines Wellness-Instituts. Doch weit gefehlt: Diese zarte schöne Inderin, die nun in Deutschland lebt, wird als eine Avatara bezeichnet. Sie empfängt mehrmals in der Woche[6] ein paar hundert Menschen aus aller Welt. Gut und schön – aber wie sollte sie meine Schwägerin „heilen“ können? Ich musste schon sehr viele Zweifel überwinden, es Alice zu erzählen. Diese jedoch – in Düsseldorf, Kairo und London aufgewachsen – nahm es ganz locker und war sofort begeistert.

Es war für mich ein grossess Abenteuer Mutter Meera zu erleben. Das grösste jedoch kam sechs Wochen später: Alice war  schwanger. Und mein Neffe Alexander war und ist gesund und munter.

Die Ursachen, die dazu führen, nicht schwanger werden zu können, können vielfältig sein. Deshalb fragte ich mich: wird Mutter Meera auch Kristin helfen können? Ich entschied mich, diese Frage Kristin zu überlassen. So  erzählte ich ihr von meiner Schwägerin – und wir verabredeten uns zu einem neuen Termin nach den Sommerferien.

Als wir uns wieder sahen, strahlte sie. Einfach nur gute Laune? Oder auch neue Hoffnung? Sie hatte meine Erfahrungen mit ihrem Mann besprochen … und … und jetzt war sie schwanger! Und die Freude riesengross.


Foto: Saskia-Marjanna Schulz


Kristin erkannte, dass sie keine neuen Ziele definieren konnte, weil sie einen besonders grossen und wichtigen Wunsch nicht bis zu Ende gedacht hatte. So hat sie sich selbst blockiert. Und auch wieder befreit. Oft machen wir uns mehr Sorgen als nötig. Manchmal erkennen wir dies – und manchmal gönnen wir uns auch die (Er-)Lösung.

Liebe Karin, ich habe gerade jetzt in der Zeit der Beschränkungen erkennen dürfen, dass ich andere Lösungen in meinem täglichen Leben finden muss – und so habe ich Erkenntnisse gewonnen, die ich mir in meinen kühnsten Träumen zuvor nicht vorstellen konnte. Ich musste neu denken, ich musste anders handeln – nun wirst Du sagen: für Hochbegabte ist dies doch eine Heimspiel. Schon richtig. Aber auch Menschen mit einem hohen IQ können schon mal in der Sackgasse landen. Und dann brauchen wir andere Impulse, um da wieder rauszukommen.

Ich habe viel gelernt – ja, es hat sehr weh getan an den Händen und Armen – aber ich möchte die Erkenntnisse nicht mehr missen. Und ich habe immer wieder an Deine Worte denken dürfen: „Ich glaube, dies ist der alles entscheidende Kern von Glück: Nicht was wir „kriegen“, sondern was wir bewusst geben können, macht uns glücklich.“


Foto: Saskia-Marjanna Schulz

Aus dem organisierten Rheinischen Frohsinn sende ich Dir Sonnenschein – und hoffe, er möge Dich bei bester Gesundheit erreichen.

In liebevoller Umarmung,
Deine Lilli