Liebe Lilli, sei
herzlich gegrüßt!
Du hast mir mit
Deinen Ostergrüßen eine große Freude und viele Gedanken gebracht. Ich hatte
gleich so viele Anregungen, dass die Pause in unserem Briefwechsel beinahe
zwingend war.
Und das schlechte
Osterwetter bot ja auch genügend Gelegenheit zum stillen Verweilen zuhause.
Doch nun will es endlich Frühling werden, die Osterfeiertage mit ihren vielen
verschiedenen Höhepunkten sind vorbei, der neue Papst füllt nicht mehr jeden
Tag die Titelseiten und die Eurokrise hat auch kaum noch Neuigkeitswert – dafür
hat uns der Alltag wieder. Ran an die Arbeit:
wie versprochen setzten wir unseren Gedankenaustausch für unsere Leser
fort.
Du erinnerst an
Bismarck (1815-1898) und zeichnest in einem kurzen Bogen sein Leben: „Zuerst
Hingabe an die Neigung. Dann erwachten Berufungen und Begabungen. Die Pflicht
übernahm die Führung mit der Selbstdisziplin. Kriege und Siege. Schaffung des
Deutschen Reiches. Ein leichter Weg für den klugen Kopf? Keineswegs. Es war ein
täglicher Kampf. Bismarcks Selbsterkenntnis: „Ich bin stark (…) Aber schauen
Sie nicht, wie es in mir aussieht: Das ist die Hölle.“ (1)
Nun ist gerade
Margaret Thatchers Tod für mich ein Anlass über die Frage nachzudenken, ob
Bismarcks Leben und Haltung nicht so etwas wie ein Muster enthält? Ob nicht
vielleicht die „Eiserne Lady“ so genannt wurde, weil sie die weibliche Variante
dieses Musters war? (2)
Beide haben
politische Geschichte geschrieben, beide sind historische Persönlichkeiten und
werden kaum in ihrer Individualität wahrgenommen als „Mensch wie Du und ich“.
Beide hatten als einzelne Person überragenden Einfluss auf Regierungen,
Staaten, Gesellschaften.
Und doch: Bis hin
zum Gesichtsausdruck scheint es menschliche Gemeinsamkeiten zwischen beiden zu
geben. Und auch wenn ich mir der großen politischen und historischen
Unterschiede (3) ihrer beider Biografien bewusst bin: Sie wirken auf mich wie
aus dem gleichen Holz geschnitzt.
Und dazu gehört
auch, dass sie kaum - wenn überhaupt dann nur im engsten, vertrauten Kreise und
sehr allgemein - über ihre inneren
Zweifel oder Qualen gesprochen haben.
Brauchten sie keine
„Hilfe“? Probleme, Leid und Schmerz hatten sie doch auch? Oder hatten sie ganz
selbstverständlich immer Helfer um sich, die ihnen die Kraft und auch mal den
entscheidenden Rat zur Überwindung ihrer schweren Stunden geben konnten? Aus Bismarcks
„… aber schauen Sie nicht, wie es in mir aussieht: Das ist die Hölle…“ (4) geht
ja schon hervor, dass er das Schwinden seiner Kräfte wohl bemerkte. Und dass er
es schlecht ertragen konnte.
Über beide
Persönlichkeiten gingen und gehen auch heute noch die Meinungen quer durch alle
Bevölkerungs- und Bildungsschichten weit auseinander. (5) Das wussten sie, sie wurden ja ständig damit
konfrontiert. Warum schraken sie nicht zurück? Warum gaben sie nicht auf, um
endlich den ständigen Vorwürfen zu entrinnen? Oft war ja schon nicht mehr nur
Kritik im Spiel, häufig war es auch Hass und manchmal Schlimmeres. Wie trist
und sinnlos muss ihnen ihr anstrengendes, weil hochdiszipliniertes Arbeitsleben
an manchen Tagen erschienen sein. Denn die von ihnen gewollten Erfolge waren
oft noch nicht mal im Keim angelegt, wenn sie ihre politischen Entscheidungen
treffen mussten. Sie konnten nie wirklich sicher sein, dass sie für diese
Entscheidungen Anerkennung und Zustimmung bekommen würden. Was müssen sie
gelitten haben!
FOTO: DR. KARIN RASMUSSEN
Wir wissen heute: das
Erleben von Ausgrenzung, Ablehnung und Bestrafung aktiviert genau dieselben
Nervennetze im Gehirn, wie körperlicher Schmerz. (6) Es tut nicht nur in der
Einbildung weh, wenn wir zurückgestoßen werden. Aber wir können es ja auch
nicht verhindern. Es passiert – ob wir es nun verstehen oder nicht!
Also: Haltung!?
Wie’s in mir drinnen aussieht, geht keinen etwas an? Den Schmerz und das Leiden
nicht zeigen? Denn wenn ich erkennen lasse, dass ich Schwächen habe, was
passiert dann?
Du wirst lachen:
Eine aus meiner Sicht passende Erklärung fand ich ausgerechnet bei einem
schwedischen Krimi-Autor (ja, ich lese zur Entspannung gerne Kriminalromane und
die guten davon bieten immer mal wieder solche passenden Bonmots zu unserem
Thema): „Wir werden nicht für Worte zur Rechenschaft gezogen, ich begreife
nicht so recht, warum wir uns ständig in deren schützende Obhut flüchten. Warum
wagen wir es nicht, in Schweigen und unseren Gedanken zu ruhen? In den Momenten
und Zeiten, in denen wir unseren Handlungen nicht das richtige Gewicht und ihre
wahre Bedeutung beimessen, zerstören wir unser Leben, das ist nichts Neues,
aber es würde zweifellos alles anders aussehen, wenn wir uns mehr Zeit für
Stille und Nachdenken gönnten.“ (7)
Von Bismarck ist
anzunehmen, er verstand seine Neigung als Pflicht. Vielleicht gibt es auch die
Umkehrung: Die Neigung zur Pflicht. Ist es vielleicht genau diese innere
Haltung „ich will eine nützliche, sinnvolle, für die Gesellschaft wertvolle
Aufgabe erfüllen, weil ich es für meine Verantwortung halte“? Meine Coachees klagen
oft darüber, dass sie genau diese innere Haltung haben – sie aber nicht
realisieren können! Sie fühlen eine besondere Schwierigkeit, dieses hohe Ziel
zu verwirklichen. Scheinbar ist daran niemand interessiert, außer sie selbst?
Du schreibst: “Wir
denken oft, dass es die besonders Erfolgreichen leichter haben mit dem Erfolg.“
Ja, diese Vorstellung ist weit
verbreitet. Von „… die kriegen ja auch eine Menge Geld dafür…“ bis …“die müssen
ja nicht, aber wenn sie nun mal so scharf auf die Macht sind…“ reichen die
Vor-Verurteilungen und Ablehnungen, wenn es um Politiker oder Führungskräfte
geht. Sie werden sogar wie Schopenhauer es beschreibt, zur Schauspielerei für
verpflichtet gehalten: „Das Spiel lehrt Contenance zu halten, indem man zum
schlechten Spiel eine heitere Miene aufsetzt.“ (8)
Wer kehrt sich
schon um deren Sorgen? Und unsere Hochbegabten – leider werden sie häufig genau
so betrachtet. Sie sind ja scheinbar von der Natur bevorzugt, warum sollten sie
dann auch noch besonders viel Zuwendung von den normalen Menschen bekommen?
Mögen sie doch endlich aufhören zu jammern, und etwas mehr Haltung zeigen!
Doch das tun sie
nicht. Sie tun, was scheinbar alle tun. Es ist, wie Du schreibst: „Man outet
sich zusehends. Mit seiner Krankheit, seinem Leid, seiner Sexualität. Immer
öfter gilt: Man will sich auch in schwierigen Situationen mitteilen.
Isolationen aufbrechen und mutig kommunizieren, was einst unter der Decke
gehalten wurde. Und so erkennen wir, dass wohl alle Menschen Probleme haben.
Nur: die einen können damit besser umgehen als die anderen. Die einen lassen
Hilfe zu – die anderen meinen das selbst schaffen zu müssen.“
Ich glaube, das ist
nicht nur für Hochbegabte typisch. Diejenigen, die auf Pflicht, Verantwortung
und Leistung orientiert sind, nehmen auch Schwierigkeiten auf sich. Sie möchten
nicht nur mitteilen, dass es Probleme gibt. Nein, sie möchten sich austauschen
und in die Suche nach Lösungen auch andere einbeziehen. Sie fragen vielleicht
nicht nach Hilfe, sondern nur nach Verständnis, nach Anregungen. Oder sie
wünschen sich Ermutigung statt Ablehnung. Und ganz natürlicherweise sehnen sie sich nach Wegbegleitern, wenn auch
vielleicht nur für eine Etappe des Weges. Doch diese Wegbegleiter finden sich
nicht so ohne Weiteres.
Denn die Wege, auf
denen Hochbegabte die Welt zum Besseren verwandeln wollen, sind in aller Regel
keine ausgetretenen, wohlbegrenzten und schön gepflasterten Pfade. Allein die
Vorstellung davon verursacht manchem schon eine gruselige Gänsehaut. Zumindest
haben Hochbegabte häufig keine Lust, im allgemeinen Strom mitzuschwimmen. Also
bleiben sie unverstanden, abgewiesen, einsam.
Da ich gerade auf
den Spuren von Margaret Thatcher denke: „Folge nie der Menge, nur weil du Angst
hast, anders zu sein.“ (9)
FOTO: DR. KARIN RASMUSSEN
Ich bin begeistert davon, wie Du diese
Situation auch für die Emanzipation der Frauen abbildest. Ähnliche Wertewandel
sehen wir, wenn es um die Gleichstellung von Homosexuellen geht, um
Rassengleichheit oder generell um soziale Gerechtigkeit – alles Gebiete, auf
denen hervorragende Persönlichkeiten durch lange Kämpfe gegangen sind. Mit
Ihnen jedoch gingen, anfangs zögerlich und dann Schritt für Schritt immer mehr zuerst
unbemerkte, namenlose, aber durch das Vorbild ermutigte Gefährten. Erst im
Nachhinein wurden die „Vorkämpfer“ gewürdigt – für den Erfolg, nicht für das
Ertragen von Schmerz und Einsamkeit. Und
was das Thema Hochbegabung betrifft, vollzieht sich bei uns ja auch so einiges.
Die von Dir erwähnte technische Revolution, die Globalisierung und nicht
zuletzt auch der demografische Wandel führen zu mehr Achtung vor geistigen Ressourcen.
Auch das hat die eiserne Lady ihren Widersachern deutlich vor Augen gehalten:
"Ich habe Chancen und Anreize geschaffen. Wenn wir es nicht schaffen, die
Tüchtigen anzulocken und sie zum Bleiben in unserem Land zu bewegen, dann haben
wir auch nicht den Motor, der den Rest von uns mit nach oben zieht.“ (10)
Die allgemeine
Akzeptanz nimmt also langsam zu. Nur: Es geht wirklich langsam. Und für manchen
von uns geht es gefühlt einfach viel zu langsam. Da kommt gelegentlich
Verzweiflung über die Einsamkeit auf. Da wächst der Wunsch, verständnisvolle
Gesprächspartner oder gar Wegbegleiter zu finden, fast zur verzweifelten Suche
an. Und dann kann es passieren, dass man im Übermaß der empfundenen
Verlassenheit die Schleusen öffnet, den Strom der Klagen über die erschrockene
oder frustrierte Umwelt ausgießt und damit genau das Gegenteil von dem
erreicht, was man ersehnt.
FOTO: DR. KARIN RASMUSSEN
Wie Du hörte auch
ich in der Mitte der 80er Jahre erstmals von Coaching. In unserem
Wissenschaftlerteam gab es eine Begeisterung für diese „begleitende Beratung zur Steigerung
der Sozialkompetenz von Führungskräften“ (ja, so umständlich haben wir den
Begriff übersetzt, denn das Wort Coaching war zu amerikanisch!). Und wir gingen
damit sofort in die Unternehmen, in die Praxis.
Wir wollten Führungskräften helfen, ihren Job erfolgreicher zu verrichten. Dort
erlebten wir dann eine Überraschung: Was uns immer wieder begegnete, war nicht
Anerkennung oder Lernbereitschaft, sondern Klagen, Klagen, Klagen. Wir waren für
viele Führungskräfte die ersten, die sich für die menschliche Seite der
Machtausübung interessierten. Und da wir zum Zuhören gekommen waren, machte man
von unserer Aufmerksamkeit regen Gebrauch. Es war längst an der Zeit, endlich
mal über die Schwierigkeiten der eigenen Person reden zu dürfen. Es musste
endlich mal raus. Aber keiner glaubte daran, dass wie HELFEN könnten.
Damals habe ich zum
ersten Mal ein Gefühl dafür bekommen, dass „die da oben“ es eben nicht
leichter, sondern häufig sogar viel schwerer haben als andere. Es kommt nämlich
sehr darauf an, wem sie von ihren Sorgen, Nöten und Schmerzen erzählen. Es ist
wichtig, dass sie überhaupt jemanden finden, mit dem sie dies vertrauensvoll
tun können. Und zwar ohne gleich als unfähig oder ungeeignet eingeschätzt zu
werden. Erst wenn dieses Vertrauen vorhanden ist und die Sorgen und Nöte
offengelegt sind, kann die Lösungssuche beginnen.
Liebe Lilli, dieser
Absatz von Dir begeistert mich bei jedem Lesen wieder: „Die Klugen wussten
schon immer, wie und wo sie sich Hilfe holen konnten. Und mit klug meine ich
jetzt nicht unbedingt „hochbegabt“. … Wir erleben Tag für Tag, dass Hochbegabte
nicht alles wissen, können, tun. Woher auch? Hochbegabung heißt ja nicht
Omnipotenz.“
Wir wissen das.
Genau! Und wir verstehen, dass es keine Schwäche ist, etwas nicht zu können,
nicht zu wissen, nicht zu tun.
Lassen wir doch
unsere Coachees einfach mal klagen! Sie brauchen das, denn auch sie leiden,
nicht nur in ihrer Einbildung.
Und: Wir Coaches
kommen ja auch nicht gleich mit dem „Vorschlags- Hammer“, wie vielleicht
mancher befürchtet. Wir bewerten die Sorgen und auch die Lösungsideen unserer
Gesprächspartner nicht nach „Richtig“ oder „Falsch“. Wir stellen sie nicht auf
den Prüfstand der Tauglichkeit. Wir lassen unseren Coachees jede Freiheit, ihre
eigene Sicht der Dinge darzulegen. Genau in dem Tempo und der Dramatik, die sie
empfinden. Sie selbst entscheiden, was sie alleine machen – und was sie lernen
wollen. Und wo sie Hilfe in Anspruch nehmen. Dein Magisches Dreieck aus Zielen
+ Selbstbewusstsein + Handicap ist auch für uns Coaches eine Art Leitfaden, ein
Richtungsanzeiger durch den Coachingprozess. Mit uns können unsere
Gesprächspartner ihre Ziele klären, um ihre Wünsche, Sehnsüchte und Visionen zu
realisieren. Wir stärken ihr Selbstvertrauen. Und wir sehen uns mit ihnen
gemeinsam die Handicaps an, die auf ihrem Weg liegen. Manche besprechen das
vielleicht lieber mit einem guten Freund, einer Freundin, einem geliebten
Menschen oder mit Gott. Für alle anderen sind wir da. Denn bei uns kommt noch
eine andere Kategorie von Freiheit zum Tragen: Wir bleiben neutral. Wir sind
nicht die Prüfungskommission, die einen Kandidaten auch mal durchfallen lassen
kann (und will?). Wir haben keine
Ambitionen, dass unsere Coachees nach unserem Muster leben – sie sind nur sich
selbst und ihren eigenen Zielen verpflichtet, nicht uns.
Das ist das
Holz, aus dem die Erfolgreichen
„geschnitzt“ sind. Vielleicht geschnitzt im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht
schmerzfrei in Ruhe und wohlgepflegt gewachsen, sondern in Kämpfen mit sich
selbst und mit anderen erstarkt. Wohlgemerkt: Kämpfe MIT sich und MIT anderen –
nicht immer nur GEGEN!
Und das ist mehr
als pure erzwungene Pflichterfüllung. Das sind dann die Prüfungen, denen wir
uns gestellt und die wir bestanden haben. Und auf die wir mit Recht bauen
können. Und stolz sein. Dabei ist es gar nicht wichtig, ob andere diese
Prüfungen schwierig finden, denn auch das ist ja für jeden ein ganz eigenes
Maß. Der eine findet Feuerlaufen „doof“ (vor allem, wenn er es nur vom Hörensagen
kennt), die andere hat sich durch eigene Erfahrung das unbeschreibliche
Hochgefühl der Selbstüberwindung auf glühenden Kohlen zunutze gemacht, um
daraus immer wieder Kraft zu schöpfen. Ich bin meinem verehrten Kollegen Werner
Ehrhardt (11) bis heute dankbar, dass er mir diese Erfahrung anfangs der 90er
Jahre ermöglicht hat. Und ich bin begeistert, dass auch Du dieses mächtige
Stimulans kennst: Etwas zu schaffen, was man selbst nicht für möglich gehalten
hätte.
Ehrlich, liebe
Lilli, ich habe in meinem Leben in den schwierigsten Situationen immer jemanden
gesucht und auch gefunden, der an meiner Seite mit mir gemeinsam „durchs Feuer
gelaufen“ ist. Und das waren oft Kollegen. Coaches oder Berater, die nichts
anderes getan haben, als mein Ich zu stärken. Und die das tun konnten, weil sie
selbst stark sind. Nicht perfekt! Perfektion ist eine göttliche Eigenschaft,
keine menschliche. Aber es ist, wie Du
schreibst: „Wer einmal Unmögliches getan hat – sieht die Welt mit anderen Augen
an!
Und wer gerade
verzaubert wurde – kann auch einen neuen Blick auf Pflicht und Neigung werfen!“
FOTO: DR. KARIN RASMUSSEN
Liebe Lilli,
vielleicht hilft es so manchem Hochbegabten, wenn er sich mal verzaubern lässt?
Unser Blog hier heißt ja nicht zufällig „Prometheus‘ Lobby“. Metaphorisch, also
bildlich gesprochen, mögen wir die hoch Begabten daran erinnern, was Prometheus
in Dichtung oder Wahrheit für die Menschen getan hat: Leben eingehaucht,
Talente geschenkt und Feuer gebracht.
Und obwohl sie es
ihm nicht angemessen gedankt haben als er noch unter ihnen weilte, ließ er sich
davon nicht abhalten und sie nutzen es noch heute! So bleibt Prometheus nicht
nur als Legende sondern auch als symbolischer Fürsprecher für die – im
Unterschied zu den Göttern – unvollkommenen Menschen (12) im Bewusstsein.
Wir danken unserem
Lieblingsdichter Goethe die eindringliche Darstellung von Prometheus‘ Kampfesmut
und Menschenliebe, die auch uns im Coaching leitet.
Liebe Lilli, für
mich steht am kommenden Wochenende wieder eine Begegnung mit der geballten
Masse von Hochbegabten bevor: Mensa in Deutschland e.V. „feiert“ sein
Jahrestreffen in Münster. Es wird wie immer ein wahres Fest an Geistesblitzen und
Inspirationen geben und ich freue mich darauf! Und in meinem nächsten Brief
werde ich wieder viel zu berichten haben. Aber vorher sehe ich erwartungsvoll
Deiner Antwort entgegen. Hast Du schon Frühlingsblumen um Dich? Ich wünsche es
Dir!
FOTO: DR. KARIN RASMUSSEN
Sei herzlich umarmt
Deine Karin
Prometheus
Bedecke deinen Himmel, Zeus
Mit Wolkendunst!
Und übe, Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn!
Musst mir meine Erde
Doch lassen stehn,
Und meine Hütte,
Die du nicht gebaut,
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest.
Und übe, Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn!
Musst mir meine Erde
Doch lassen stehn,
Und meine Hütte,
Die du nicht gebaut,
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest.
Ich kenne nichts Ärmer’s
Unter der Sonn‘ als euch Götter.
Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren.
Unter der Sonn‘ als euch Götter.
Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren.
Da ich ein Kind war,
Nicht wusst‘, wo aus, wo ein,
Kehrte mein verirrtes Aug‘
Zur Sonne, als wenn drüber wär‘
Ein Ohr, zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.
Nicht wusst‘, wo aus, wo ein,
Kehrte mein verirrtes Aug‘
Zur Sonne, als wenn drüber wär‘
Ein Ohr, zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.
Wer half mir wider
Der Titanen Übermut?
Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast du’s nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest, jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden dadroben?
Der Titanen Übermut?
Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast du’s nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest, jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden dadroben?
Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängstigten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herrn und deine?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängstigten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herrn und deine?
Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehn,
Weil nicht alle Knabenmorgen-
Blütenträume reiften?
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehn,
Weil nicht alle Knabenmorgen-
Blütenträume reiften?
Hier sitz‘ ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, weinen,
Genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich. (13)
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, weinen,
Genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich. (13)
1 Otto von Bismarck: „Kanzler und Dämon“. Auf Phoenix
gesendet http://www.youtube.com/watch?v=DaLVWMKYdjw
4 Otto von Bismarck: „Kanzler und Dämon“. Auf Phoenix
gesendet http://www.youtube.com/watch?v=DaLVWMKYdjw
7 Håkan Nesser: eine
ganz andere Geschichte. BTB Verlag, ISBN 978-3-442-74091-8, S.402
8 Zugeschrieben Arthur Schopenhauer (1788 - 1860)
10 Margaret
Thatcher s. http://europa.deutschlandfunk.de/2013/04/08/margaret-thatcher-ist-tot/
13 Johann Wolfgang Goethe (1749–1832):
Prometheus (1774) http://de.wikisource.org/wiki/Prometheus_(Gedicht,_fr%C3%BChe_Fassung)