Liebe Lilli,
danke für Deine wunderbare
Antwort. Ja, ich fühle wie Du: Es gibt viele große Vorbilder, die scheinbar
Unvorstellbares erreichbar gemacht haben.
Fast immer, indem sie ihre Träume für
viele vorstellbar erklärt und damit die „Kraft der Massen“ mobilisiert haben.
Tatsächlich werden so auch Träume in manchmal zähem Ringen mit dem Gewohnten,
Althergebrachten verwirklicht. Sie werden zu Zielen von sozialen, kulturellen,
politischen Bewegungen. Und diese Ziele motivieren und verbinden. Nicht nur im
Großen, oft auch in kleinen Alltäglichkeiten.
Warum sollen nicht auch die
Hochbegabten solche gemeinsamen Träume und Ziele haben? Es lohnt sich bestimmt,
das genauer zu erforschen. Wir werden daran arbeiten! Und ich bin ziemlich
sicher, dass dabei Träume und Ziele zum Wohle aller Menschen sichtbar werden,
denn die „Träume“ einzelner machtbesessener Alleinherrscher – ob in der Politik
oder in Unternehmen – werden nach meiner Erfahrung von hochintelligenten
Menschen nicht geteilt. Im Gegenteil, sie werden kritisch hinterfragt und dann
abgelehnt und bekämpft werden. Das gibt mir die Hoffnung, bei unserer
Forschungsarbeit viele interessante Anregungen für die Gestaltung einer
wirklich besseren Welt zu erhalten.
Du sagst mir Deine Ziele:
Die Hochbegabten wissen, dass sie
hochbegabt sind.
Die Hochbegabten wertschätzen,
dass sie hochbegabt sind.
Die Hochbegabten holen ihre
Hochbegabung aus dem Versteck.
Die Hochbegabten leben ihre
Hochbegabung.
Auch ich stelle mir gerne vor:
Menschen können entspannt mit sich und anderen umgehen: mit der wertgeschätzten
Individualität des jeweils anderen. Mit Talenten, Begabungen, Charakterstärken.
Und – so möchte ich ergänzen – auch mit Schwächen oder vermeintlichen
Defiziten. Aber wenn es doch mal Spannungen gibt (Du weißt ja: Widersprüche
sind die Triebkraft des Fortschritts), dann können sie diese kooperativ und
friedlich lösen. Welch uralte Vision!
Dein Zitat von Paulo Coelho aus
seinem Buch ‚Der Dämon und Fräulein Prym‘ beschreibt die gegenwärtige Situation
der meisten Menschen in Bezug auf Hochbegabung:
„Sie hatte herausgefunden, dass es zwei Dinge gibt, die einen Menschen daran hindern, seine Träume zu verwirklichen: der Glaube, sie seien ohnehin unerfüllbar, oder wenn diese durch eine unerwartete Drehung des Schicksalsrades plötzlich doch erfüllbar werden. In solchen Augenblicken bekommt man Angst vor einem Weg, von dem man nicht weiß, wohin er führt, vor einem Leben voller unbekannter Herausforderungen, davor, dass vertraute Dinge für immer verschwinden könnten.“
„Sie hatte herausgefunden, dass es zwei Dinge gibt, die einen Menschen daran hindern, seine Träume zu verwirklichen: der Glaube, sie seien ohnehin unerfüllbar, oder wenn diese durch eine unerwartete Drehung des Schicksalsrades plötzlich doch erfüllbar werden. In solchen Augenblicken bekommt man Angst vor einem Weg, von dem man nicht weiß, wohin er führt, vor einem Leben voller unbekannter Herausforderungen, davor, dass vertraute Dinge für immer verschwinden könnten.“
Ich hoffe sehr, wer sie hat, überwindet die Angst vor der eigenen Größe.
Frei nach Hermann Hesse meinst Du: Wenn wir wollen und uns zu uns bekennen,
werden wir siegen. Nun – mit dem „Siegen“ habe ich ehrlich gesagt ein Problem.
Denn das bedeutet in meinen Augen die Niederlage für andere. Und es setzt ein
Feindbild voraus. Gewissermaßen als Rechtfertigung für einen solchen Sieg. Doch
damit wäre die latent spürbare Feindseligkeit und Ablehnung gegenüber
Hochbegabten ja erst recht legitim. Wollen wir das?
Wenn wir uns gegen
Ungerechtigkeiten wehren, können wir die Verhältnisse ändern. In diesem Sinne
kann ich Fortschritt erkennen – das wäre gewissermaßen ein Sieg über
Unzulänglichkeiten der Kultur, der gesellschaftlichen Situation und des Umgangs
miteinander. Ich bin überzeugt, das geht friedlich auf dem Wege der Erkenntnis!
Und dazu tragen wir beide und zahlreiche Hochbegabte mit ihren Verbündeten
bereits in vielfältiger Weise bei, z. B. in Veröffentlichungen, in
Veranstaltungen von Vereinen (1), in
Camps, Akademien (2) und Workshops, aber auch
im Internet, in Blogs, bei Twitter und in Foren.
Saskia-Marjanna Schulz und Du
riefen im Juni 2006 das Forum „Hochbegabung - Drama oder Erfolgsstory?“(3) ins
Leben. In diesen Tagen im Juni 2012 sind es
schon 12.500 Beiträge, bald werden es 3.000 Foristi sein, aus allen
Kontinenten dieser Erde. In nur 6 Jahren hat sich die Zahl der Nutzer in diesem
Multilog enorm vervielfacht – und deren kulturelle Vielfalt ist gewaltig.
Klar, Hochbegabung ist kein
nationales Thema der Deutschen, es ist ein weltumspannendes Phänomen. Zum
Glück! Dank Internet können immer mehr Interessenten erreicht werden, der
Gedanken- und Ideenaustausch kann frei und schnell erfolgen (wenn auch noch
nicht überall und für jeden) und dadurch wird jetzt sichtbar: Die Frage „Was
wollen Menschen und wie kann man das erreichen?“ hat nicht nur Dein ganzes
Leben begleitet. Schon unter Kindern wird darüber diskutiert. Welch positive
Entwicklung! Lass uns das tiefer erforschen und erfragen.
Du meinst, um die Fragen „Was
wollen Hochbegabte? Wo drückt der Schuh? Und wie stellen wir eine Situation
her, von der diese Menschen träumen?“ angemessen beantworten zu können, werden
wir weitere professionelle Hilfe brauchen. Ja, auch ich denke da an eine
Universität und an die Zusammenarbeit mit einem privaten Forschungsinstitut.
Lass uns doch gleich diese Frage
an unsere LeserInnen stellen: Wer können die möglichen Partner und Geldgeber
sein? Staatliche Organisationen, europäische Einrichtungen, Stiftungen,
Wirtschaftsunternehmen, Privatpersonen? Welche Interessen haben diese Personen
und Institutionen, sich mit unseren Zielen auseinander zu setzen? Welche
Eigeninteressen werden sie verfolgen? Inwieweit sind diese mit unseren
kompatibel? Wo sind unsere Gemeinsamkeiten? Denn bestimmt treffen uns hier
einige Hochbegabte, die an entsprechenden Einrichtungen tätig sind,
Persönlichkeiten kennen und Empfehlungen für uns haben. Unsere LeserInnen
können uns ihre Tipps ja problemlos über unsere Mailinglinks zusenden.
Vielleicht finden sich sogar EnthusiastInnen, die an unserem Forschungsprojekt
mitwirken möchten?
Wir werden natürlich auch selbst
bei Partnern, Freunden und Verbündeten anfragen. Wir werden neue Kontakte
suchen und finden. Wir werden also Gespräche führen, um das Forschungsbudget
auf die Beine zu stellen. Und dann werden wir vielleicht unsere Studie mit
einem Pilotprojekt „Forschungsdorf“ starten. Dort können wir sowohl mit
Hochbegabten als auch mit Fachexperten in kurzer Zeit viel neues Wissen
zusammentragen.
In der Folge – oder auch schon im
ersten Workshop? – springen wir eventuell gedanklich ins Jahr 2022 und schauen
auf die Eindrücke, die Frauen und Männer dann vom Thema Hochbegabung haben
können. Werden sie auch dann noch Hochbegabt hören und Hochleistung denken?
Werden sie als „Leistung“ etwas anderes verstehen als heute? Wird auch dann noch Neid im Spiel sein, der für die Betroffenen wohl immer unangenehm ist? Wird man noch immer lieber verstecken, was einen außergewöhnlich macht, um nicht aufzufallen? Das ist wohl bei Reichen noch möglich – bei Hochbegabten schon komplizierter und bei Schönheiten eher unmöglich.
Unsere Forschung wird auch zeigen, ob es den eigentlich Außergewöhnlichen gefällt, bescheiden aufzutreten. Einfach weil sie sich wohl fühlen in Jeans, schwarzem Rolli und Turnschuhen, in der letzten Reihe und im Refugium ihres privaten Chatrooms. Und ob sich dahinter wirklich Bescheidenheit verbirgt oder eher Angst vor Ablehnung und seelischer Verletzung. Auch ich bin jetzt schon sehr gespannt, was unsere Studie dazu sagen wird.
Werden sie als „Leistung“ etwas anderes verstehen als heute? Wird auch dann noch Neid im Spiel sein, der für die Betroffenen wohl immer unangenehm ist? Wird man noch immer lieber verstecken, was einen außergewöhnlich macht, um nicht aufzufallen? Das ist wohl bei Reichen noch möglich – bei Hochbegabten schon komplizierter und bei Schönheiten eher unmöglich.
Unsere Forschung wird auch zeigen, ob es den eigentlich Außergewöhnlichen gefällt, bescheiden aufzutreten. Einfach weil sie sich wohl fühlen in Jeans, schwarzem Rolli und Turnschuhen, in der letzten Reihe und im Refugium ihres privaten Chatrooms. Und ob sich dahinter wirklich Bescheidenheit verbirgt oder eher Angst vor Ablehnung und seelischer Verletzung. Auch ich bin jetzt schon sehr gespannt, was unsere Studie dazu sagen wird.
Du meinst: Das klingt alles ganz
schön verrückt mit diesem Traum und dieser Studie? Na klar, das ist ja gerade
das Reizvolle! Und wir wissen beide aus Erfahrung, dass es klappen kann! Wir
haben sicher jetzt schon Mitstreiter, die nur auf unseren Startschuss warten.
Ich bin gespannt auf die Mails, die uns in den kommenden Tagen erreichen. Von
wem und von wo kriegen wir die ersten Tipps, Anfragen, Vorschläge? Es wird
vielleicht ganz anders laufen als bei Deiner 1000- Teilnehmer- Passantenbefragung
in Köln mit 50 Managern, aber es wird gut laufen. Davon bin ich überzeugt. Und für die Präsentation der
Ergebnisse danach wird es viele Interessenten geben.
Liebe Lilli, der Sommer ist
da, die Ideen sprudeln und es macht
Spaß, mit immer neuen Verbündeten an der Verwirklichung dieser Träume zu
arbeiten. Die Fußball-EM ist dabei eine inspirierende Kulisse. Vor allem freue
ich mich immer wieder über den „RESPECT!“- Aufdruck auf den Ordnerwesten. Da
hat einer, den wir gar nicht persönlich kennen, schon mal unseren Traum
mitgeträumt – vielleicht ist es schon längst ein Menschheitstraum, der nur noch
auf die Hochbegabten angewandt werden muss?
Ich wünsche Dir sonnige Tage,
intensive Erholung und (wie mir auch) viele inspirierende Nachrichten von unseren
LeserInnen
Sei herzlich gegrüßt
Deine Karin
________________________________________
(1)
http://www.mensa.de/aktivitaeten
(2)
http://mind-akademie.de/index.php/ueberblick
(3) https://www.xing.com/net/hochbegabung